NZZ-Artikel ohne unsere Stimme am 31.8.2019
UNSER CONTRA:
Wir wären heute in der Medizin viel weiter: „Es ist schade, dass wir Lancierende der „Tierversuchsverbotsinitiative“ trotz Erwähnung im Text nicht zu Wort kamen. Wir haben die Initiative zwar aus ethischen Gründen lanciert, aber wir können auch mit über 50 anerkannten Studien über den Wert von Tierversuchen beweisen, dass diese auch wissenschaftlich schlecht sind. Diese Studien zeigen, dass sie mehrheitlich unsicher, auf den Menschen schlecht übertragbar und meist nicht mit gleichem Resultat reproduzierbar sind. Wir können beweisen, dass sie sogar den aus Forscherkreisen immer wieder zitierten medizinischen Fortschritt überhaupt nicht gefördert sondern sogar gehemmt haben. Wir wären heute in der Medizin viel weiter, wenn wir nie auf Tierversuche gesetzt hätten. Darum gibt es bis heute keine Heilung für Diabetes, diverseste Krebsarten, Rheuma, Alzheimer, Parkinson, Hirnschlag, Herzinfarkt usw. Unsere Initiative wäre wohl weltweit die erste demokratische Chance, dieses dunkelste Kapitel der Menschheit endlich kompromisslos zu überwinden.” – Dr. med. Renato Werndli, 31.8.2019
UNSER CONTRA provozierende Printausgabe vom Beobachter, 19.07.2019, «Tiere im Labor – Das Dilemma mit den Tierversuchen: Dürfen wir das?» – Online fehlt leider das sehr befremdliche Editorial von Martin Vetterli, Stv. Chefredaktor.
- https://www.beobachter.ch/umwelt/forschung-innovation/tierversuche-der-schweiz-wie-viel-leid-darf-sein
- https://www.beobachter.ch/umwelt/forschung-innovation/ethik-wir-durfen-tierversuche-nicht-verstecken
UNSER CONTRA:
Auch wissenschaftlich schlecht: „Dass Tierversuche ethisch schlimm sind, geben im Bericht selbst Anwendender dieser Forschungsmethode zu. Dass sie aber auch wissenschaftlich schlecht sind, weil unsicher, schlecht auf den Menschen übertragbar und schwierig reproduzierbar, wurde in vielen anerkannten Studien bewiesen. Die Forschenden sollten doch fähig sein, diese 150 Jahre alte, nie validierte Methode endlich durch tierleidfreie modernere zu ersetzen.“ – Dr. med. Renato Werndli, 19.7.2019
Schlechte Erfolgszahlen: Angesichts der furchtbar unglaublich schlechten Erfolgszahlen der Tierversuche in der Humanmedizin, müssen wir uns eher Fragen, weshalb immer noch auf Tierversuche gesetzt wird. Von 100 Tests, welche an den Tieren erfolgversprechend schienen, scheiden in den klinischen Studien rund 95 aus – das heisst, im Klartext, dass auf Tierversuche unweigerlich Menschenversuche erfolgen. Und dies im 21. Jahrhundert! Leider stimmen nicht einmal alle Erfolge, welche im Bericht aufgezählt werden. Das beste Beispiel ist wohl Contergan. Die Türkei verbot damals die Zulassung, weil sie mit ihren Forschungen an menschlichen Zellkulturen feststellen konnten, dass Zellschädigungen hervorgerufen wurden. Somit blieb die Türkei von Contergan-Schäden verschont. Dass behauptet wird, dass dies mit Affenversuchen auch hätte erkannt werden können, ist reine Spekulation. Jede Krankheit, jedes Symptom hat seine Ursachen. Unsere Lebensweise unsere Gedanken und Gefühle spielen dabei eine grosse Rolle. Dies künstlich, reduziert auf die Zellebene, bei unschuldigen Tieren zu provozieren ist abartig. „Wer für Tierversuche ist, weiss entweder zu wenig darüber oder er verdient sein Geld damit“, sagte der renommierte Chirurg Dr. med. Werner Hartinger. Als Co-Präsidentin der IG Tierversuchsverbot wünsche ich mir eine Forschung, welche konstruktive Kreativität entwickelt. Auch die Automobilindustrie hatte zuerst Hunde und Affen gegen die Wand gefahren, bis sie erkannte, dass Dummies bessere Ergebnisse liefern. Bio-Dummies brauchen wir auch in der Medizin. Etliche Entwicklungen weisen in die richtige Richtung. – Luzia Osterwalder, 19.7.2019
Tierversuche sind unfair und irreführend: Gerne wären wir, die Tierfreunde und Tier- und Menschenversuchsgegner, befragt worden, bevor unser angedichtetes Weltbild zitiert wird. Wir sagen nicht, Tierversuche sind eine „Folter für den Fortschritt“. Ganz im Gegenteil stellen wir fest, dass Tierversuche massiv gegen den Fortschritt wirken. Neben den Qualen und Belastungen, die man den Mitgeschöpfen antut, werden auch beachtliche Ressourcen mit einem völlig unnötigen und oft irreführenden Umweg vertan. – Wären Tierversuche so nützlich, wie u.a. auch die Behörden ständig predigen, wäre alles anders: es bräuchte keine klinischen Studien sprich Menschenversuche, die Generalprobe am Menschen sprich Erstanwendung wäre stets erfolgreich und die Behandlung mit zugelassenen Heilmitteln wäre kaum je gesundheitsschädlich und wirkungslos bezüglich Behandlungsziel. Obwohl die Wissenschaft mit den Gedanken zur «individualisierten Medizin» schon einiges an individuum-spezifisch und speziesspezifisch anerkennt, laufen die Entwicklungsprozesse immer noch nach altem Muster: man tut so, als ob irgend ein Durchschnitt aus Tierversuchen und ein Durchschnitt aus Menschenversuchen verlässliche Vorhersagen für den individuellen Patienten bringen könnten. Dass jedoch die Mehrheit der Wirkstoffe nach dem Menschenversuch gar nicht erst auf den Markt darf – trotz vorhergehender scheinbar erfolgsversprechender Tierversuche – sollte allen zu denken geben. Nicht zuletzt den Wissenschaftlern, Politikern und Journalisten!
Ja, Hinsehen und Mitdenken ist gefragt! Hinsehen bitte auch in die Abgründe des Schweregradkataloges des Bundes, denn dann wird man erkennen, dass Tiere alles andere als ein «unbelastetes» oder «leichtes» Leben in den Laboren führen dürfen, auch wenn dies allfällige Besucherstunden «zur offenen Tür im Showlabor» mit einigen Vorzeigetieren gerne vorgaukeln möchten. Solange nicht in jedem Raum mindestens eine Live-Kamera steht und die Forschungsdokumente nicht allen Interessierten zugänglich sind, kann von Offenheit keine Rede sein.
Um wenige Substanzen gibt es so viele Mythen und Legenden wie um Contergan (Thalidomid). Niemand weiss, woran und wie Contergan getestet wurde: Die Unterlagen dazu gingen noch vor dem Gerichtsfall unter. Auch generell gilt, dass Tierversuche bezüglich Missbildungen besonders unzuverlässig sind: Eine Teratogenitätsstudie zu 1396 verschiedenen Substanzen zeigt: Fast die Hälfte der Stoffe, die bekanntermassen beim Menschen Fehlbildungen hervorrufen können, wurden im Tierversuch als unbedenklich eingestuft. Und umgekehrt: Fast die Hälfte der Stoffe, die während der menschlichen Schwangerschaft gefahrlos eingesetzt werden können, wurden im Tierversuch als gefährlich eingestuft. In Beipackzetteln steht darum sinngemäss z.B.: «Unbedenklich in Tierversuchen. Es liegen jedoch keine Informationen von Untersuchungen an Menschen vor, weshalb dringend von einer Einnahme während der Schwangerschaft und Stillzeit abgeraten wird». Das ist auch besser so, denn ein wissenschaftliches Modell mit verlässlichen Vorhersagen fehlt, obwohl die Türkei in den 50er Jahren auf gutem Weg war: Mittels der Resultate aus Zelltests konnte Prof. Dr. S.T. Aygün die Türkei vor dem Contergan Unglück bewahren. Seine Arbeit bewirkte ein Importverbot. Wer mehr wissen will, sollte bei uns stöbern: tierversuchsverbot.ch. – Irene Varga, Dipl. Natw. ETH mit Diplomarbeit in Toxikologie, Berg SG
Frühere Ausgaben vom Beobachter (18.02.2008, Thomas Grether) noch mit Raum für Denkanstösse durch Dr. Christopher Anderegg: https://www.beobachter.ch/umwelt/forschung-innovation/tierversuche-das-sinnlose-leiden-im-labor
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UNSER CONTRA provozierender Printartikel «Viele Tierversuche sind harmlos», im Tagesanzeiger, Teil Wissen, Seite 30 am 18.07.2019: https://www.tagesanzeiger.ch/wissen/doppelt-so-viele-tierversuche-mit-hunden/story/29589213
UNSER CONTRA:
Forschende bagatellisieren: – „Es ist schade, dass wir von der „Tierversuchsverbotsinitiative“ nicht zu Wort kamen. Die Forschenden bagatellisieren natürlich: Versuche mit Haushunden im Schweregrad 0 und 1 werden als harmlos hingestellt. Aber erstens ist selbst Schweregrad 0 alles andere als „nicht belastend“. Schon nur eine Blutentnahme am verängstigten Hund mit einer Nadel, mit der man die Vene oft lange suchen muss, ist sogar „sehr belastend“. Bis vor kurzem waren gar Zehenspitzenamputationen an Nagern Schweregrad 0. Dass Schweregrad 3 extremes Leid verursacht, kann man sich damit vorstellen. Und zweitens sei kurz erwähnt, dass neben eindeutigen ethischen Gründen auch wissenschaftliche nachweislich gegen Tierversuche sprechen: Sie sind unsicher, schlecht auf den Menschen übertragbar und schwierig reproduzierbar, alles Zeichen für eine schlechte Forschung. Die Forschenden sollten doch endlich modernere Methoden anwenden für eine sicherere Medizin. “ – Dr. med. Renato Werndli, 18.7.2019
Tierversuche mit amtlicher Beschönigung: – Wer sich in ein Haustier einfühlen kann, der hat sicher schon erfahren, dass ein Tierarztbesuch – ob mit oder ohne nachfolgende Spritze – nie belastungsfrei abläuft. Weit schlimmer ist aber die versuchsbeschönigende Steuerung der selektiven Wahrnehmung: da wird ein exotischer Versuchsablauf mit Hunden – welche ausnahmsweise in Privathaushalten leben – dargestellt, um vom traurigen, kargen bis grausamen Schicksal der mehr als eine Million Tiere, welche in der Versuchstierhaltung eingesperrt sind, abzulenken. Von «Rückgang» der Tierversuche keine Rede, denn wer sich die Zahlen genau ansieht, der muss feststellen: seit 1996 stagnieren die Zahlen mit Aufs und Abs auf sehr hohem Niveau: mehr als eine halbe Million der Tiere wird allerlei Tierversuchen ausgesetzt. Die meisten Tiere werden dabei umgebracht. Meist nur die teuersten werden mehrfach «wiederverwertet». Nebenbei sei erwähnt, dass «Rückzüchtung durch Mischung» vermutlich einfacher und qualfreier zu gesunden Haustieren führen würde, als die allenfalls angepeilten gentechnischen «Lösungen».
Die Abgründe des Schweregradkataloges erschliessen sich einzig den aufmerksamen, investigativen Leserinnen und Lesern. Auch wenn auf Grund von Kritik im 2018 einige Korrekturen am amtlichen Katalog vorgenommen wurden, so ist Schweregrad 0 auch heute noch nicht belastungsfrei. Als Beispiel: Neben lieblosem «Labor-Charme» der Umgebung kann es zu Hunger und dem Gefühl des Ausgeliefertseins kommen: Futterentzug bei adulten Mäusen und Ratten bis max. 15 Stunden; physiologische Diäten mit maximal 5% Gewichtsverlust innert 2 Wochen bei adulten Tieren. Oft gipfelt das Ganze in Enthauptung. Unter Schweregrad 1, der sportlich als «leicht» taxiert wird, fällt z.B. eine 4 stündige Infusion am Hund, welcher im «Hängegurt» fixiert ist. Dabei setzt man ihm manchmal einen Blasenkatheter ein, manchmal nicht. Als menschlicher Patient mag man derartiges hinnehmen und aushalten können, weil man weiss, wieso. Der Hund weiss nicht wieso. Er fühlt sich einer unsinnigen, herzlosen Prozedur mit ungewissem Ende ausgeliefert.
Dass selbst Tierschutzorganisationen, die einen Mitgeschöpfe «opfern» oder belasten wollen, um allenfalls andere mutmasslich retten zu können, zeigt, wie wir als Gesellschaft mit unserem Denken festgefahren sind: wir reden uns ein, es gäbe keine Optionen. Die Methode vom erratischen Probieren zur Wissensmehrung ist jedenfalls sowohl in der Menschenmedizin als auch in der Tiermedizin weder effizient noch besonders kreativ. Zudem sind diese Versuche weder fair noch transparent – denn über all die misslungenen Versuche wird kaum je informiert. Irene Varga, Dipl. Natw. ETH mit Diplomarbeit in Toxikologie, 18.7.2019
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ANTWORT auf „Per Initiative Forschung und Medizin verbieten?“ im TA vom 7.3.2019. Seite 15.
«Die Kritik Grüningers an „unserer“ Tierversuchsverbotsinitiative ist völlig unberechtigt und enthält Unwahrheiten. Denn er kennt so wenig wie wir das auszuarbeitende Ausführungsgesetz der Initiative, falls sie angenommen würde. Trotzdem weiss er schon absurderweise, dass „Kein MRI mehr die Geheimnisse des menschlichen Hirns lüften kann“. Und er bringt Alzheimer und Krebs als Beispiele. Ausgerechnet jene zwei Krankheiten, die trotz 200 Jahre Tierversuche alles andere als gelöst sind. Neben ethischen Vorteilen sehen wir mit der Annahme auch wissenschaftliche, da wir mit Quellen von über 50 Studien über Tierversuche beweisen können, dass diese schlecht auf Menschen übertragbar, unsicher und meist ohne klinische Bedeutung sind. Weiter müsste Grüninger keinesfalls Angst haben, dass Forschende ins Ausland abwandern. Die sind intelligent genug, um uns medizinischen Fortschritt zu bringen durch Anwendung viel modernerer Methoden.“
ANTWORT AUF: „Mehr Schutz für Labortiere“ im TA vom 6.3.2019 Seite 40. „Als Beteiligter der praktisch zustande gekommenen Tierversuchsverbotsinitiative ist die Kritik an der Verbesserung des Versuchs-Bewilligungsverfahren von Prionenforscher Aguzzi kaum auszuhalten: Was sind die paar Blätter, die er nun mehr ausfüllen muss im Vergleich zum tagtäglichen Leid der von ihm sinnlos geplagten Mäuse. Während er einfach behauptet, dass seine Forschungen erfolgreich seien, kann ich mit Quellen belegen, dass Tierversuche veraltet, unsicher, unwichtig und die Resultate schlecht auf den Menschen übertragbar sind. Ich wage sogar zu behaupten, dass er schon viel weiter wäre mit seiner Prionenforschung, wenn er statt auf veraltete Tierversuche auf modernere Forschungsmethoden gesetzt hätte.“
Dr. med. Renato Werndli, Co-Präsident IG Tierversuchsverbotsinitiative
Tagesanzeiger 7.3.2019 – Gastbeitrag Servan Grueninger – «Per Initiative Forschung und Medizin verbieten?»
ANTWORT:
Tauglichere Modelle für Medizin und Forschung
Die etablierte Forschergemeinde hat sich schon immer ab und an gegen wichtige, längst fällige Neuerungen gestellt. Die Volksinitiative «JA zum Tier- und Menschenversuchs-verbot – JA zu Forschungswegen mit Impulsen für Sicherheit und Fortschritt“ welche mit über 120’000 Unterschriften am Montag 18.3.2019 eingereicht wird, könnte Forschung und Medizin zum dringend notwendigen Durchbruch verhelfen.
Nein, Zebrafisch-, Mäuse-, Katzen- und Affenfolter und dergleichen sind keine geeigneten Zaubermittel, die Alzheimer und Krebs zum Verschwinden bringen. Gute Krankenbeobachtung und Arbeit an längst fälligen patientenorientierten tierversuchsfreien Modellen könnten weit bessere Dienste leisten. Noch klammern sich viele am Mythos «wir befinden uns auf dem besten aller Wege».
Wer nicht länger an «des Kaisers neue Kleider» glauben will, sollte kritisch und laut werden: in den klinischen Studien werden heute die Patienten und Probanden Medikamenten ausgesetzt, die mehrheitlich nicht zulassungsfähig sind: 9 von 10 Wirkstoffen, welche im Tierversuch scheinbar erfolgsversprechend waren, dürfen nach dem Menschenversuch nicht auf den Markt. Von den Tierversuchen versprechen sich die Menschen, dass genau solches – nämlich Versuch und Irrtum – nicht stattfinden muss. Was für eine folgenschwere Enttäuschung für alle Betroffenen.
Irene Varga, Dipl. Natw. ETH mit Diplomarbeit in Toxikologie, Berg SG – Co-Präsidentin der IG Tierversuchsverbots-Initiative CH, 7.3.2019